Reisebericht aus dem Sanella-Album Mittel- und Südamerika

=========================================

Seite 35

Graugrün und staubig lag das weite Land unter uns. Wir flogen über die argentinische Pampa. Riesige Rinderherden um einen runden Brunnen geschart, und weidende Pferde. Sie galoppierten davon, als Onkel Tom im Tiefflug über sie wegbraust. Lange bleibt eine Staubwolke in der Luft stehen. Hier und da eine Farm mit Windrad und Brunnen, dazwischen Ländereien, so groß wie eine ganze Provinz in Europa. Estancia nennt man die großen Besitzungen hier. Dazwischen taucht auch einmal eine kleine Siedlerstelle auf. Ob hier ein Auswanderer aus Europa mühsam versucht, sein Glück zu machen? Wasser - Seen oder Flüsse sind nicht vorhanden. Die Luft flimmert vor Hitze. Kein Berg, kein Wald in der unendlichen Weite.

.

- Plötzlich ein dunstiger, undurchsichtiger Schleier vor uns, der immer bräunlicher wird und die Aussicht verhängt wie ein dunkles Tuch. Onkel Tom zieht die Maschine hoch. Aber noch in zweitausend Meter Höhe dieselbe braune Mehlsuppe! Ich blicke gespannt auf den Höhenmesser. Wir gehen in rasendem Tempo wieder steil nach unten. Was ist das nur, diese unheimliche Dunkelheit?" Ein Staubsturm", erklärt Fernandez, "der berüchtigte Pampero!" "Madre dios, madre dios!" stöhnt der dicke Paulo neben mir. Wenn Onkel Tom bloß die Maschine noch rechtzeitig abfängt, geht es mir durch den Kopf, als wir immer tiefer stürzen. Da - unten wird es heller. Der staubige, gelbliche Boden der Pampa! Wir sind dem Pampero entronnen und jagen dicht über Getreidefelder dahin.

.

Onkel Tom dreht sich um und lacht. Wir lachen alle. Nur Paulo sieht ein bißchen grün und gelb im Gesicht aus, und ich habe auch noch ein schwaches Gefühl im Magen. Wir landen mitten in der Pampa, nicht weit von einer Farm. Da kommt auch schon in einer gewaltigen Staubwolke das Auto des Estanciero, des Farmbesitzers, auf uns zu. Sie haben von der Farm aus unsere Landung beobachtet. Als wir im Wagen zum Wohnhaus fahren, knackt und prasselt es plötzlich an der Windschutzscheibe und der Kühlerhaube. Tausende von Heuschrecken hüpfen und springen am Boden. Als wir aussteigen, liegen die fingerlangen Tiere pfundweise auf den Trittbrettern. "Die hüpfenden sind die weniger gefährlichen. Nur die fliegenden fressen alles kahl", erklärte man uns. "Kommen Sie, kommen Sie", sagte unser Gastgeber und zeigte in die Ferne. Ein Gewitter zog auf! Wir hatten kaum Platz genommen im Hause, dessen Fenster und Türen gegen die Hitze dicht verschlossen gehalten werden, da brach das Unwetter los. Es goß wie aus Kübeln. Bläulich blendende Blitze erhellten fast pausenlos das verdunkelte Land. Aber in kurzer Zeit war das Unwetter vorüber. Die Landschaft leuchtete in frischen Farben. Der Staub war verschwunden. "Das war höchste Zeit", sagte der Estanciero, "solch ein Regen ist hier in der Pampa Gold wert. Wenn er zu lange ausbleibt, kann die Dürre Vieh und Ernten vernichten."

.

 Bildrückseite 33 

 Bildrückseite 34